Gerade auch in Zeiten des Arbeits- und Fachkräftemangels stellt die Beschäftigung von Frauen mit Migrationshintergrund für die Unternehmen eine Chance dar. Einige Frauen bringen bereits ein hohes Bildungsniveau mit, auch in gefragten MINT-Berufen. Aber auch bei Migrantinnen mit geringerer formaler Bildung lohnen sich Investitionen durch Unternehmen, denn Studien zeigen, dass Frauen mit Migrationshintergrund eine hohe Bindung an ihren Arbeitgeber haben und besonders verlässliche Mitarbeitende sind.
In […] Interviews mit Unternehmensvertreterinnen und Frauen mit Migrationserfahrung wurde stets die zentrale Rolle einer verfügbaren, verlässlichen und qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung betont. Ohne Betreuung ist Erwerbstätigkeit für Mütter, insbesondere mit kleineren Kindern kaum möglich. Dabei sollte die Entscheidung, wie viele Stunden jemand arbeiten möchte, eine persönliche sein und nicht von der Betreuungssituation vorgegeben werden. Fehlende Betreuungsmöglichkeiten wirken sich aber nicht nur auf die Chancen aus erwerbstätig zu sein, sondern hemmen bereits vorgelagert die Möglichkeit, z. B. einen Deutschkurs zu besuchen oder einen Führerschein zu machen. Dies wiederum schmälert die Teilhabe am Arbeitsmarkt.
Frauen mit Migrationshintergrund sind zudem besonders betroffen, da oft keine familiären Netzwerke bei der Kinderbetreuung unterstützen können und die Vorgehensweise, um einen Betreuungs-, Krippen-, Kitaplatz oder auch einen Pflegeplatz zu bekommen, weniger bekannt ist. Umständliche, häufig ausschließlich auf Deutsch verfügbare Anmeldeseiten und Verfahren sowie lange Wartezeiten verkomplizieren die Situation zusätzlich. Wir sollten daher einiges daransetzen, das Betreuungsangebot auszubauen und zu verbessern.
Viele Unternehmen unterstützen ihre Mitarbeitenden bei der Suche nach Kitaplätzen, ermöglichen flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, was die Betreuungssituation zumindest etwas entspannt. Wenn Betriebe – auch in Branchen, in denen diese Maßnahmen nur schwer oder gar nicht möglich sind – Tipps brauchen, wie sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken können, können sie sich u.a. an das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ wenden. Es bietet gerade für kleine und mittlere Unternehmen kostenlose praktische Tipps, Hilfen und Informationen an. Darüber hinaus sind die Betriebe aber – ebenso wie die Eltern bzw. Mütter – grundlegend auf ein gut ausgebautes, flexibles und hochwertiges Betreuungsangebot angewiesen. Eine sinnvolle politische Maßnahme für Betriebe und Arbeitnehmende wäre es, von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umzustellen. So könnten Tage mit gesicherter Betreuung voll ausgenutzt werden und die Zeit steht für andere Tage zur Verfügung.
Schaut man in den betrieblichen Alltag, so führt vor allem ein klarer Wertekompass dazu, dass Frauen mit Migrationshintergrund gut im Unternehmen ankommen. Konkret lohnt es sich, eine weibliche Ansprechpartnerin zu benennen, idealerweise nicht in einer Führungsposition. Das ermöglicht es gerade neuen Mitarbeitenden, auch private Fragen zu stellen und Probleme anzusprechen. Bei größeren Unternehmen empfiehlt sich die Einführung eines Buddy- oder Patensystems, wobei neue Mitarbeiterinnen eine erfahrene Kollegin an die Seite gestellt bekommen.
Sowohl die Interviews als auch die Statistik zeigen, dass es für Frauen mit Migrationshintergrund vergleichsweise schwer ist, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die häufig fehlende Berufsorientierung nachzuholen und die Grundlagen des Spracherwerbs bereitzustellen kann ein Unternehmen nicht leisten. Hier sind nicht zuletzt auch die Arbeitsagenturen gefragt, frühzeitig Kontakt aufzunehmen und für eine Berufsaufnahme zu motivieren. Ausreichend und verlässlich verfügbare Integrationskurse bilden die Grundlage.
Sobald ein solides Sprachfundament vorhanden ist, gibt es viele Möglichkeiten berufsbegleitend zu unterstützen, z. B. über BAMF-Berufssprachkurse. Auch hier muss die Beantragung unkompliziert und die Kurse verfügbar sein. Digitale Formate und modulare Buchungsmöglichkeiten erleichtern die Teilnahme. Die Erfahrungen unseres Projektes NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge zeigt, dass Betriebe grundsätzlich bereit sind, ihre Beschäftigten für den Spracherwerb auch freizustellen, wenn das Angebot regelmäßig genutzt wird.
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