MY TURN - Frauen mit Migrationserfahrung starten durch

Großes Potenzial bei Müttern mit Migrationserfahrung – Erkenntnisse aus der Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB)

Am 11. Februar 2025 fand das 20. Lunch & Learn der Vernetzungsstelle MY TURN statt. Diesmal ging es um die Lebensrealitäten von Müttern mit Migrationserfahrung in Deutschland. Elena Ziege, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und Koordinatorin der Studie „Mütter mit Zuwanderungsgeschichte – Ihre Erwerbs- und Sorgearbeit, Geschlechternormen und schulischen Unterstützungsleistungen“, stellte die Ergebnisse vor.

Die BiB-Studie untersucht verschiedene Aspekte der Lebenssituation dieser Frauen, darunter Erwerbs- und Sorgearbeit sowie Geschlechternormen. 7,9 Millionen Mütter mit minderjährigen Kindern gibt es laut der Studie in Deutschland, 36 Prozent davon sind Frauen mit Zuwanderungsgeschichte. Eine Bevölkerungsgruppe, die stetig wächst.

Mit Blick auf die Zahlen erklärt Elena Ziege: „21 Prozent aller Mütter in Deutschland sind Mütter mit Zuwanderungsgeschichte, aber ohne deutsche Staatsbürgerschaft - genau die Gruppe, an die sich die MY TURN-Projekte richten.“ Ihre Integration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen, so Ziege weiter, sei nicht nur gesellschaftlich relevant, sondern auch im Hinblick auf den Arbeitskräftebedarf von Bedeutung.

Mütter haben immer eine Doppelschicht

Ein Schwerpunkt, der in der Veranstaltung thematisiert wurde, war die Doppelbelastung von Müttern durch die gleichzeitige Bewältigung von Erwerbs- und Sorgearbeit. Unabhängig davon, ob sie Migrantinnen sind oder nicht, verbringen Mütter in Deutschland generell mehr Zeit mit der Betreuung ihrer Kinder sowie anderer unbezahlter Arbeit im Haushalt als Väter.

Mütter mit Migrationserfahrung haben eine deutlich niedrigere Erwerbstätigenquote als Väter mit Migrationserfahrung – 55 Prozent gegenüber 85 Prozent. Dies liegt nicht nur an individuellen Einstellungen und Kompetenzen, sondern vor allem an strukturellen Barrieren. Probleme in der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, fehlende soziale und berufliche Netzwerke, Diskriminierung und unzureichende Sprachkenntnisse (auch durch fehlende Deutschkurse) erschweren den Weg in den Arbeitsmarkt. Hinzu kommt, dass Betreuungsangebote oft schwerer zugänglich sind, insbesondere, wenn Sprachbarrieren bestehen.

Kita-Plätze machen den Unterschied

Die Studie unterstreicht die bedeutende Rolle von Kindertageseinrichtungen (Kitas) nicht nur bei der Förderung der Kinder, sondern auch bei der Beschäftigung und Integration von Müttern mit Zuwanderungsgeschichte. Besonders für geflüchtete Frauen aus der Ukraine spielt der Kita-Besuch ihrer Kinder eine entscheidende Rolle: „Viele dieser Frauen kommen ohne Partner nach Deutschland und haben hier kein familiäres Netzwerk“, erklärt Ziege.

Wenn die Kinder eine Kita besuchen, nehmen die Mütter häufiger an Sprach- und Integrationskursen teil, sind eher erwerbstätig und bauen mehr soziale Netzwerke auf. Studien zeigen aber nach wie vor einen ungedeckten Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen, der bei Familien mit Migrationserfahrung höher ist als bei anderen Familien in Deutschland (z.B. Huebener et al. 2023).

Ziege betonte daher beim Lunch & Learn, wie wichtig es sei, Frauen beispielsweise bei der Bewerbung um einen Kita-Platz zu unterstützen, da sie dadurch „eine höhere Chance haben, tatsächlich einen Platz zu bekommen.“ Hervorgehoben wurde in diesem Zusammenhang die Arbeit der „Lotsenstelle Kinderbetreuung“, einem Wahlmodul in MY TURN, das Mütter bei der Suche und Inanspruchnahme von Kinderbetreuungsplätzen besonders intensiv unterstützt. Daneben umfasst die Arbeit der MY TURN-Projekte auch weitere wichtige Aspekte wie beispielsweise die Vermittlung von Kenntnissen über das deutsche Schulsystem, die Kommunikation mit Betreuungseinrichtungen sowie den Zugang zu weiteren familienbezogenen Unterstützungsangeboten.

Großes Potenzial noch nicht ausgeschöpft

Mütter mit Migrationserfahrung verfügen über ein großes, aber bislang unzureichend genutztes Potenzial für den Arbeitsmarkt. Angesichts des sinkenden Erwerbspersonenpotenzials in Deutschland ist es umso wichtiger, diese Frauen gezielt zu fördern und ihnen den Weg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Neben dem Zugang zu Kinderbetreuung spielen dabei auch weitere strukturelle Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle. Gleichzeitig ist eine ganzheitliche Betrachtung von Erwerbs- und Sorgearbeit notwendig, um realistische und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Das Programm MY TURN setzt an dieser Stelle an und trägt mit seinen Projekten dazu bei, indem es diese Mütter gezielt fördert und ihnen konkrete Unterstützung auf ihrem beruflichen Weg bietet.

Weitere Informationen zur Bevölkerungsstudie des BiB finden Sie in der Publikation „Mütter mit Zuwanderungsgeschichte. Ihre Erwerbs- und Sorgearbeit, Geschlechternormen und schulischen Unterstützungsleistungen“

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