MY TURN - Frauen mit Migrationserfahrung starten durch

Rückblick auf Lunch & Learn zur Förderung betrieblicher Demokratiekompetenz

Am 24. September 2024 fand die 16. Lunch & Learn-Veranstaltung der Vernetzungsstelle MY TURN statt. Vorgestellt wurde das Programm „Unsere Arbeit: Unsere Vielfalt. Initiative für betriebliche Demokratiekompetenz“ (BDK). Dabei handelt es sich um ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördertes Programm mit dem Ziel, Demokratie in der Arbeitswelt zu stärken und Rassismus, Verschwörungsnarrativen sowie Rechtsextremismus entgegenzuwirken.

Immer wieder sind auch MY TURN-Projekte bei ihrer Arbeit, z. B. bei der Ansprache von Arbeitgebenden, mit Skepsis und Ablehnungen konfrontiert. Diese werden zum Teil (direkt oder verdeckt) mit dem Migrationshintergrund der Teilnehmerinnen begründet.

Wie die Projekte hierauf reagieren können, welche Erfahrungen im Programm BDK bisher gesammelt wurden und wie Unternehmen sensibilisiert, unterstützt und beraten werden können, wurde im Lunch & Learn beleuchtet. Auch wurde eine Vernetzung der regionalen MY TURN- und BDK-Projekte angeregt.

Ansatz und Ziele des Bundesprogramms

Sylvio Kelm, Referent im BMAS, stellte das Programm vor: Dieses unterstützt bundesweit mit 34 Projekten Belegschaften, Arbeitgeber*innen, Berufsschüler*innen und Lehrkräfte dabei, demokratiefördernd zu handeln und sich gegen Rassismus und andere Ideologien der Ungleichwertigkeit zu wenden. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf kleinen und mittleren Unternehmen der Privatwirtschaft. Die Projekte bieten u.a. Schulungen, Seminare und Beratungen an, um Vorurteile abzubauen und ein offenes Arbeitsklima zu fördern.

Erfahrungen und Empfehlungen aus dem regionalen und branchenspezifischen Projekt „Demokratie pflegen“

Um von den Erfahrungen der BDK-Projekte lernen zu können, wurde im Lunch & Learn exemplarisch das Projekt „Demokratie pflegen - Demokratische Kompetenzen in Pflegeeinrichtungen fördern“ durch Rebekka Cöster, pädagogische Referentin bei ARBEIT UND LEBEN Sachsen e. V., vorgestellt. Sie berichtete aus ihrer Arbeit und formuliert Handlungsempfehlungen, die sich auch in der Arbeit der MY TURN-Projekte anwenden lassen.

  • Ein zentrales Modul von MY TURN ist die „Vernetzung mit Betrieben“, um Hospitations- und Praktikumsplätze sowie (Teilzeit-)Ausbildungs- und Arbeitsplätze für die Projektteilnehmerinnen zu gewinnen. Das Projekt „Demokratie pflegen“ zeigt, wie wichtig die Sensibilisierung von Arbeitgeber*innen ist, um eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu ermöglichen. Die MY TURN-Projekte können diese Ansätze gezielt aufgreifen, um Betriebe für die Beschäftigung von Migrantinnen zu öffnen.
     
  • Ein weiteres obligatorisches Modul in MY TURN ist die individuelle Begleitung der Teilnehmerinnen während Qualifizierungsmaßnahmen, Praktika und der Integration in den Arbeitsmarkt. Diese Begleitung hilft, Abbrüche von Maßnahmen oder Beschäftigungen zu vermeiden. Das Projekt „Demokratie pflegen“ betont die Bedeutung einer praxisnahen Begleitung und Unterstützung nicht nur von Beschäftigen, sondern auch der Unternehmen durch Sensibilisierung, Beratung und Workshopangebote.
     
  • Weitere Empfehlungen aus dem BDK-Projekt für die Schaffung eines konstruktiven und diversitätssensiblen Arbeitsklimas: Regelmäßige Feedbackgespräche, Etablierung spezifischer Onboarding Prozesse und Mentoring-Angebote, Einbeziehung von Vertrauenspersonen sowie Unterstützung von „Allianzen der Willigen“.

An die Impulsvorträge schloss sich ein Austausch mit den MY TURN-Kolleginnen an. Auch Marisa Hartmann vom Koordinierungsprojekt des BDK-Programms, das beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) angesiedelt ist, nahm an der Diskussion teil und brachte Erfahrungen aus weiteren BDK-Projekten ein.

Ein Thema des Austausches war das unterschiedliche Verständnis von Berufsfeldern, so z.B. im Bereich der Pflege, das zu grundlegenden Missverständnissen und Konflikten führen kann und Aufklärungsarbeit erfordert. Darüber hinaus wurde u.a. diskutiert, wie mit Meinungsverschiedenheiten zwischen Belegschaft und Geschäftsleitung umgegangen werden kann, insbesondere wenn die Beschäftigung von Migrantinnen skeptisch gesehen wird oder sogar auf Widerstand und Wut stößt. Es wurde dargestellt, dass die Ursachen dieser Emotionen und Ablehnung reflektiert und bearbeitet werden müssen, um konstruktive Lösungen zu finden. Zudem wurde betont, dass alle Unternehmensebenen in einen solchen Prozess einbezogen werden sollten.

Fazit: Veränderung erfordert Geduld und langfristige Begleitung

Eine wichtige Erkenntnis aus dem Lunch & Learn ist, dass echte Veränderung Zeit und eine enge, bedarfsorientierte Begleitung braucht. Gerade in Unternehmen, in denen Vorbehalte gegenüber Migrantinnen bestehen, ist ein schrittweises Vorgehen notwendig. Kleine, aber gezielte Fortschritte können langfristig positive Effekte erzielen. Die Erfahrungen aus dem Programm BDK zeigen, dass der Abbau von Vorurteilen und der Aufbau eines offenen Betriebsklimas nicht von heute auf morgen zu erreichen sind, sondern dass dies ein kontinuierlicher Prozess ist. Die Stärkung der Demokratiekompetenz in Unternehmen ist entscheidend für ein offenes Arbeitsklima, in dem Vielfalt als Stärke begriffen wird. Auch wenn im Rahmen von MY TURN nicht die Ressourcen für eine vergleichbare Sensibilisierung der Unternehmen zur Verfügung stehen, sind diese Erfahrungen auch für die MY TURN-Projekte hilfreich und ermutigend, um die Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen nachhaltig zu fördern.

Weitere Informationen zum Programm Unsere Arbeit: Unsere Vielfalt. - Initiative für betriebliche Demokratiekompetenz

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