MY TURN - Frauen mit Migrationserfahrung starten durch

Vom Kennenlernen zur Anstellung: Betriebsbesichtigungen öffnen Türen

Den Arbeitsplatz von innen sehen, schon einmal mit potenziellen Kolleginnen und Kollegen sprechen, den Verantwortlichen Fragen stellen können: Das alles hilft, den richtigen Job zu finden. Das wissen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MY TURN-Projekte und so gehören Betriebsbesichtigungen häufig zum festen Angebot der Projekte. So auch in Trier.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Arbeit finden in Deutschland“ organisiert das MY TURN-Projekt Start Working - Übergänge mit Frauen gestalten des Caritasverbandes Trier regelmäßig Betriebsbesichtigungen. Von Pflegeheimen über Hotels bis hin zu Handwerksbetrieben - mit jedem Besuch gewinnen die Frauen neue Einblicke in ihnen bisher unbekannte Berufsfelder und damit neue Beschäftigungschancen. Wie das genau aussieht, erklären die Projektmitarbeiterinnen Nadine Schuster und Margrit Buchholz-Weinert.

Welche Berufe gibt es in Deutschland?

Der Neuanfang in Deutschland bietet Migrantinnen die Chance, sich neu zu orientieren und zu überlegen, welche Arbeit am besten zu ihrem neuen Leben passt. Die Möglichkeiten, in Deutschland zu lernen und zu arbeiten, sind vielfältig. Und für die Frauen zum Teil völlig neu, sagt Nadine Schuster: „Es geht erst einmal darum, ihnen die möglichen Berufe näher zu bringen.“

Am Anfang der Besuchsreihe von „Arbeit finden in Deutschland“ stand eine Informationsveranstaltung, bei der die MY TURN-Teilnehmerinnen, begleitet von den Projektmitarbeiter*innen, online nach möglichen Arbeits- oder Ausbildungsplätzen suchen konnten. Auf diese Weise, so Margrit Buchholz-Weinert, haben die Frauen schon einmal einen Eindruck davon bekommen, wie vielfältig das Arbeitsangebot ist und wie sie selbstbestimmt ihre berufliche Zukunft gestalten können. Danach ging es in die Betriebe.

Kennenlernen der Arbeit vor Ort

Von Anfang 2024 bis heute haben die Teilnehmerinnen in Trier eine Gärtnerei, ein Hotel, einen großen Betreiber verschiedener Pflegeeinrichtungen, ein Autohaus, ein Weingut, einen Entsorgungs- und Recyclingbetrieb, einen Supermarkt und eine Kunstglaserei besucht. Vor allem das Kunsthandwerk, die Herstellung von Kunstglas, sei für die Frauen neu gewesen, sagt Nadine Schuster: „Sie waren erstaunt, wie schön das ist und interessiert an Praktikumsplätzen, um das lernen zu können.“

In jedem Betrieb seien die Frauen herzlich empfangen und mit Informationen über die Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten vor Ort versorgt worden, erzählt Margrit Buchholz-Weinert. Zuletzt begleitete sie beispielsweise zehn Teilnehmerinnen, Migrantinnen aus der Ukraine, Syrien, Pakistan und dem Iran, bei einem Besuch in einem Krankenhaus. Dabei wurden den Frauen die Ausbildungsmöglichkeiten im Gesundheitsbereich vorgestellt, aber auch weitere Arbeitsbereiche des Krankenhauses wie Gärtnerei und Kindergarten.

Persönlich ins Gespräch kommen

Als sehr hilfreich hat sich der persönliche Kontakt zu den Unternehmern erwiesen, erklärt Nadine Schuster, vor allem bei Familienbetrieben. Diese seien im Gegensatz zu Großunternehmen eher bereit, Quereinsteigerinnen eine Chance zu geben. „Wenn es menschlich zwischen Frau und Familie passt“, sagt Schuster, „rücken die fachlichen Voraussetzungen, wie etwa eine fachspezifische Ausbildung, in den Hintergrund.“

In einem Trierer Hotel mit Restaurant und kleiner Bierbrauerei, das von einer iranisch stämmigen Frau und ihrer Familie geführt wird, sei eine Teilnehmerin als Teilzeitkraft vermittelt worden, erzählt Margrit Buchholz-Weinert. Außerdem wurden zwei Teilnehmerinnen aus der Besuchsreihe erfolgreich in den Hauswirtschaftsbereich eines örtlichen Altenheims vermittelt. Dafür sei der Betriebsbesuch ausschlaggebend gewesen, erzählt eine der Teilnehmerinnen: "Ich konnte das Team vor Ort kennenlernen und ich habe sie geliebt".

Betriebsbesuche als regelmäßiges Angebot

Während die Teilnehmerinnen im vergangenen Jahr etwa alle zwei Monate einen Betrieb besuchen konnten, wurde der Besuchsrhythmus in diesem Jahr auf ein- bis zweimal im Monat erhöht. „Das ist so gut angekommen, dass wir das jetzt als dauerhaftes Angebot etablieren wollen“, sagt Margrit Buchholz-Weinert.

Ende April fand der letzte Besuch statt, jetzt planen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von „Start Working - Übergänge mit Frauen gestalten“ die nächste Runde. Dafür suchen sie Unternehmen in Trier und Umgebung, die für die zugewanderten Frauen interessant sein könnten und die gleichzeitig bereit sind, sich für die Frauen zu öffnen, erklärt Nadine Schuster.

Dabei nutzen die Kolleginnen zum einen langjährige Kontakte, zum anderen versuchen sie, neue Betriebe ins Boot zu holen. Der Besuch sei für die Unternehmen mit Zeitaufwand verbunden, deshalb müsse man Überzeugungsarbeit bei der Neuakquise leisten, sagt Nadine Schuster. Inzwischen hat sie einen erfolgreichen Ablauf etabliert: Erst telefonisch Kontakt aufnehmen, nach dem richtigen Ansprechpartner fragen, dann per Mail ausführliche Informationen zum Projekt schicken, dann noch ein paar Telefonate, bis der Termin steht. „Das dauert in der Regel zwei Monate, aber dann klappt es“, so Nadine Schuster.

Dass sich der Aufwand lohnt, zeigen die erfolgreichen Vermittlungen. Die Betriebsbesichtigungen sind ein wichtiger Türöffner, der den Teilnehmerinnen hilft, die eigenen Vorstellungen von einem Beruf zu festigen oder auch wieder zu verwerfen. Ebenso können sich die Betriebe ein besseres Bild von den Bewerberinnen machen, da ein persönliches Kennenlernen viel mehr Informationen bietet als eine schriftliche Bewerbung.

Wenn Sie mehr über das Projekt „Start Working - Übergänge mit Frauen gestalten“ erfahren möchten, finden Sie die Kontaktdaten im Projektsteckbrief

 

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